1517 und 2017

Die reformatorischen Gedanken, die alten häretischen Stimmen der Mystikerinnen und Mystiker aufnehmend und weiter entwickelnd, führten zu einer politischen und innerkirchlichen Umwälzung von ungeahntem Mass und beeinflussten später Aufklärung und Säkularisierung.

Heute stehen globalwirtschaftliche Interessen Tendenzen nationaler Isolierung und radikalisierendem, religiösem Fundamentalismus gegenüber. Dazwischen stehen Menschen. Sie werden gelyncht, gefoltert, entmündigt, vertrieben oder, irregeführt von falschen Hoffnungen auf ein besseres Leben, zur Flucht verführt und gezwungen.

Man stelle sich vor: ein überfülltes Boot auf dem nächtlichen stürmischen Mittelmeer. Hunderte von Menschen rufen verzweifelt und vielleicht stumm nach Hilfe.

Oder man höre hinein in die Flammen des brennenden Grenfell ­Tower in London.

Wehe, die Stimmen würden laut und erreichten ungehindert unser Ohr!

Aussagen der Reformatoren Oekolampad Basel | Zwingli Zürich | Haller Bern | Farel Lausanne und Luther | die Bannandrohung aus Rom | Mallarmé «Le Coup de Dès» | Freud «Warum Krieg» | Opfer eines Genozids aus Myanmar, 2016 | die Heiligenfiguren des «Himmlischen Hofs» im Chorgewölbe des Berner Münsters | Namen jüdischer, christlicher und islamischer Mystiker und die Vornamen einer Schweizer Schule wurden im Kompositionsprozess zusammengeführt und vermischt zum Libretto der Raumsinfonie «STEINHIMMEL».

Der Kirchenraum als Instrument wird zum Resonanzraum, zum Echoraum, den alle Lauschenden, Singenden, Spielenden durch ihre Präsenz und ihre Hingabe zum Klingen bringen und gleichsam wie eine Arche Noah durch die Zeiten der Gegenwart steuern.

Daniel Glaus