«Lever-kühn»
Der bedeutende polnische Komponist Ryszard Gabryś ist Professor an der Musikakademie Kattowitz und der Schlesischen Universität in Cieszyn. Als Leiter des von ihm gegründeten Instituts für Musikerziehung betreute er fast dreihundert Doktorarbeiten und künstlerischen Dissertationen. Ausserdem ist er Autor zahlreicher musikwissenschaftlicher und journalistischer Texte sowie von Musikserien für den polnischen Rundfunk und das polnische Fernsehen.
In seinem neuen Werk «Leverkühns letzter Sprechgesang» für Bariton und vier Instrumente, das in diesem Programm zur Uraufführung kommt, bezieht sich Gabryś auf die charismatische Figur Adrian Leverkühn aus Thomas Manns Roman «Doktor Faustus», einer fiktiven Biografie eines Komponisten, die von zeitgenössischen Künstlerpersönlichkeiten wie Gustav Mahler, Arnold Schönberg und Alban Berg inspiriert wurde. Im Titel des neuen Werks steckt eine weitere Reverenz vor Schönberg, den «Erfinder» des Sprechgesangs.
Sein Sohn Aleksander Gabryś ist seit 2001 unser Kontrabassist, der seit Jahren auch als Komponist in Erscheinung tritt. Für die nächste Saison haben wir ihm einen Kompositionsauftrag erteilt. Über sein geplantes Werk schreibt er:
«Rio, mein Rio» ist eine klingende Reise – eine Hommage an jene Kräfte, die meine musikalische Vorstellung speisen. Im Zentrum steht der Kontrabass – mein Leviathan, mein Begleiter seit Jugendtagen, widerspenstig und vertraut zugleich. Es ist auch ein Dank an mein Ensemble Phoenix Basel, mit dem ich seit einem Vierteljahrhundert verbunden bin und das mich eingeladen hat, dieses Opus zu schreiben.
Wie der kleine Mio in Astrid Lindgrens Erzählung aus dem Jahr 1954 verlässt auch dieses Stück das Gewohnte und tritt in eine andere Welt – klanglich getragen von Fusion-Reminiszenzen, mikrotonalen Skalen und kammermusikalischen Dialogen. Die Figur Mio ist für mich zudem untrennbar mit der bisher noch nicht aufgeführten Oper «Mio, mein Mio» (1969–72) von Constantin Regamey (1907–1982) verbunden – jenem faszinierenden Komponisten, Sprachgenie und Denker, bei dem mein Vater einst Komposition studierte.
In einer Kadenz, die der Kontrabass wie eine innere Reinigung durchkaut, mündet alles in eine kosmische Vibration – zart, verzerrt, vereint. Und schließlich ist da der Name Rio, der Fluss, der kürzlich in mein Leben trat – lebendig, inspirierend, vorwärts drängend. Möge mein Stück so klingen: optimistisch, voller Bewegung und leiser Hoffnung. (Aleksander Gabryś – 2025)
Der iranische Komponist Arash Yazdani verwendet in seinem Werk «Dispersion» für Qānūn und Ensemble Texte aus iranischer Poesie, von Martin Luther und Laotse. Diese Texte sind Inspirationsquellen für den Qānūn-Spieler, der diese auf seinem Instrument interpretiert. Der Solist soll über diese Verse meditieren und ihren Rhythmus und ihre Sprachmelodie auf die musikalischen Linien anwenden. Einige melodische Figuren sind dem traditionellen Repertoire iranischer Musik (Radif) entnommen. Der Begriff «Dispersion» stammt aus der Physik und beschreibt die Zerstreuung einer Welle, die sich, wenn sie auf ein Medium trifft, in ihre Bestandteile und damit in unterschiedliche Phasengeschwindigkeiten aufteilt. Das Ensemble bildet einen kontinuierlichen Fluss melodischer Linien und harmonischer Gebilden aus pulsierenden Schwebungen und Kombinationstönen.
Programm
- Antoin Herrera-López Kessel
- Bariton
- Aleksander Gabryś
- Kontrabass Solo
- Jürg Henneberger
- Musikalische Leitung, Klavier
- Christoph Bösch
- Flöte
- Antje Thierbach
- Oboe
- Toshiko Sakakibara
- Klarinette, Bassklarinette
- Povilas Bingelis
- Fagott
- Horn
- Nenad Marković
- Trompete
- Michael Büttler
- Posaune
- Janne Jakobsson
- Tuba
- Daniel Stalder
- Schlagzeug
- Leopold Hurt
- Qānūn
- Kirill Zvegintsov
- Klavier
- Friedemann Treiber
- Violine
- Daniel Hauptmann
- Violine
- Alessandro D’Amico
- Viola
- Stéphanie Meyer
- Violoncello
- Aleksander Gabryś
- Kontrabass