Phœnix

Tim Hodgkinson, Wang Lu & Schweizer Komponisten

Der englische Multiinstrumentalist und Komponist Tim Hodgkinson ist v.a. als experimenteller Rock- und Improvisationsmusiker bekannt geworden. Er hat u.a. zusammen mit Fred Frith 1968 die politisch und musikalisch radikale Gruppe «HENRY COW» gegründet. Er hat aber auch für klassische Formationen Kompositionen geschrieben. Im Jahr 2003 spielte das Ensemble Phoenix Basel sein Quartett «Repulsion», das als Live-Mitschnitt auf unserer Portrait-CD («United Phoenix Records», 2004) erschienen ist. Sein neues Werk «Under the Void», das er für uns geschrieben hat, wird nach sieben Jahren endlich zu seiner Uraufführung kommen.

Seit seinem Studium lebt der ursprünglich kolumbianische Komponist Leonardo Idrobo in Basel. Schon 2011 hat er für uns komponiert. Nun freuen wir uns, dass ein weiteres Stück von ihm zur Uraufführung kommt.

Auch Christophe Schiess aus Biel hat nach einer familiär bedingten Schaffenspause ein neu komponiertes Stück für uns mitgebracht. Seit er bei Georg Friedrich Haas in Basel studiert hatte, findet man seinen Namen öfter in unseren Programmen. Mittlerweile unterrichtet Christophe Schiess selbst an der Hochschule für Musik in Basel.

Die drei Uraufführungen werden ergänzt durch ein Ensemblestück der chinesischen Komponistin Wang Lu. «Backstory» hat eine offene, intuitive Form. Scheinbar lose und doch fest gewickelte Klangblöcke reiben sich an beschwingten Grooves.


Programm

Leonardo Idrobo (*1977) «kerekere» für Bassflöte, Bassklarinette, Schlagzeug, präpariertes Klavier und Kontrabass (2022, UA, Auftrag EPB) – 15’ Christophe Schiess (*1974) «Mélatonie» für Ensemble (2022, UA, Auftrag EPB) – 20’ Wang Lu (*1982) «Backstory»  für Ensemble (2016) – 7’30” Tim Hodgkinson (*1949) «Under the Void» für Ensemble (2016–2018, UA) – 20’
Jürg Henneberger
Musikalische Leitung
Christoph Bösch
Flöte, Piccolo, Bassflöte
Antje Thierbach
Oboe
Toshiko Sakakibara
Klarinette, Bassklarinette
Benjamin Pallagi
Klarinette, Es-Klarinette
Lucas Rößner
Fagott, Kontraforte
Aurélien Tschopp
Horn
Nenad Marković
Trompete
Mikael Rudolfsson
Posaune
Daniel Stalder
Schlagzeug
João Pacheco
Schlagzeug
Miguel Pisonero
Klavier
Friedemann Treiber
Violine
Daniel Hauptmann
Violine
Petra Ackermann
Viola
Alessandro D’Amico
Viola
Stéphanie Meyer
Violoncello
Aleksander Gabryś
Kontrabass
Phœnix

Musik als Protest?

Im September 1971 revoltierten die Insassen des Gefängnisses Attica im Norden des US-Bundesstaates New York gegen die Haftbedingungen und nahmen einige Gefängniswärter als Geiseln. Auf Befehl des Gouverneurs stürmte anschliessend die Nationalgarde das Gefängnis, wobei 32 Menschen ums Leben kamen. Darunter Sam Melville, ein Bombenattentäter, der im Frühjahr 1971 einen Brief an seinen Bruder geschrieben hatte, der in einer Zeitschrift veröffentlicht wurde. Zurück nach einer längeren Italienreise, las der amerikanische Komponist und Pianist Frederic Rzewski den Brief in der Zeitschrift und war ergriffen von der poetischen Qualität und der beschriebenen Erfahrung von Zeit. Daraus entstand «Coming Together», ein Stück für variables Ensemble und einen Sprecher. Eine Komposition, die zum Paradebeispiel für die Musik des Widerstands geworden ist; konsequent durchkonstruiert und mit einer genau kalkulierten Schlusssteigerung.

Der palästinensische Komponist Samir Odeh-Tamimi hat eine ganz eigene Musiksprache entwickelt. Gespiesen von westeuropäischer Avantgarde und arabischer Musikpraxis, strahlt sie eine besondere Kraft aus. Seine Begeisterung für die europäische Klassik und die Ästhetik der Neuen Musik führten ihn mit 22 Jahren nach Deutschland. Dort fand er auch wieder zurück zur Musikkultur seines Herkunftslandes. Seit 2016 ist Samir Odeh-Tamimi Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.

Wie unser dritter Gast Mathias Spahlinger, er allerdings bereits seit 1996. Der deutsche Komponist schafft äusserst konsequent und kompromisslos, vielseitig, konzeptuell und mit grosser Sorgfalt Werke zwischen ästhetischer Autonomie und politischem Bewusstsein. 2014 wurde ihm der Grosse Kunstpreis der Akademie der Künste verliehen, womit er die höchste Auszeichnung derselben für sein Lebenswerk erhielt.


Programm

Frederic Rzewski (1938–2021) «Coming Together» für Sprecher und Ensemble (1971) – 20’ Samir Odeh-Tamimi (*1970) «Alif» für Alt und Ensemble (2014) – 16’ Mathias Spahlinger (*1944) «Verlorener Weg I & II» für Ensemble (1999/2000) – 36’
Sylvia Nopper
Alt
Lucas Rößner
Sprecher
Jürg Henneberger
Musikalische Leitung
Christoph Bösch
Flöte, Piccolo
Antje Thierbach
Oboe
Toshiko Sakakibara
Klarinette, Bassklarinette
Raphael Camenisch
Altsaxophon, Baritonsaxophon
Nenad Marković
Trompete
Michael Büttler
Posaune
Maurizio Grandinetti
E-Gitarre
Consuelo Giulianelli
Harfe
João Pacheco
Schlagzeug
Ludovic Van Hellemont
Klavier
Friedemann Treiber
Violine
Daniel Hauptmann
Violine
Alessandro D’Amico
Viola
Martin Jaggi
Violoncello
Aleksander Gabryś
Kontrabass
Blanko

Blanko 2023

Wir schliessen unser Jahresprogramm mit der Serie «Blanko» ab. Wie jedes Jahr, immer im Mai oder Juni. Dabei soll die Sprache heutiger Musik in freier Form erörtert werden. Das Ensemble Phoenix Basel lädt hierfür jeweils zwei Experimentalmusiker:innen aus den Bereichen Noise, Free Improvisation, Sound Art etc. zu einer Zusammenarbeit ein. Ein akademischer Hintergrund ist dabei zweitrangig.

Svetlana Maraš eröffnet den Abend. Die serbische Komponistin und Klangkünstlerin arbeitet an der Schnittstelle zu experimenteller Musik und Sound Art. Seit 2021 ist sie Co-Leiterin des Elektronischen Studios Basel und Professorin für kreative Musiktechnologie an der Hochschule für Musik FHNW.

Fred Frith übernimmt in der zweiten Konzerthälfte. Der englische Multiinstrumentalist ist vor allem für sein Gitarrenspiel bekannt und bedient sich dabei gerne allerlei Alltagsgegenständen, um seine Instrumente zum Klingen zu bringen. Von 2011 bis 2020 unterrichtete er an der Hochschule für Musik Basel das Fach Improvisation.


Programm

Svetlana Maraš (*1985) Neues Werk für Ensemble (2023, UA, Auftrag EPhB) Fred Frith (*1949) Neues Werk für Ensemble (2023, UA, Auftrag EPhB)
Christoph Bösch
Flöte
Toshiko Sakakibara
Klarinette
Lucas Rößner
Fagott
Nenad Marković
Trompete
Michael Büttler
Posaune
Janne Jakobsson
Tuba
Maurizio Grandinetti
E-Gitarre
João Pacheco
Schlagzeug
Samuel Wettstein
Keyboards
Aleksander Gabryś
Kontrabass
Thomas Peter
Elektronik
Fabrizio Di Salvo
Sounddesign
Christoph Bösch
Künstlerische Leitung