Im Rahmen der Ausstellung „Everything we do is music“ veranstaltet das Kunsthaus Pasquart zwei Konzerte mit dem Ensemble Phoenix Basel, die den Einfluss klassischer Indischer Musik auf die mitteleuropäische und amerikanische zeitgenössische Musik beleuchten.
Albert Roussel war neben Maurice Delage einer der ersten abendländischen Komponisten, die eine Studienreise nach Indien unternahmen. 1909 unternahm er mit seiner Ehefrau eine lange Reise nach Indien und Südostasien. Die Eindrücke der indischen Musik spiegeln sich v.a. in der Metrik des dritten Satzes «Krishna» aus dem Zyklus «Jouers de flûte» wider, der spielerisch mit unregelmässigen Takten umgeht.
Olivier Messiaens Hauptinspirationsquellen waren neben den Vogelgesängen die indischen Rhythmen, die in «Cantéyodjayâ», einem seiner ersten Klavierwerke, sowie in der fast gleichzeitig entstandenen «Turangalîla-Sinfonie» eine Hauptrolle spielen.
Die drei Klavierstücke «Elis» des Schweizer Komponisten Heinz Holliger sind inspiriert von Gedichtzeilen des österreichischen Dichters Georg Trakl. Die Todessehnsucht, die aus den Gedichten spricht, illustriert Holliger mit indischen Rhythmen, die z.T. auch Olivier Messiaen in seiner Musik verwendet.
Giacinto Scelsis Werk ist schon seit frühen Jahren von östlichen Philosophien beeinflusst, insbesondere aus Indien. In seinen «Quattro Illustrazioni» beschreibt er vier „Avatare“ des indischen Gottes Vishnu. Das Duo für Flöte und Klarinette aus dem Jahre 1966 mit dem Titel «Ko-Lho» beruht auf Scelsis „Philosophie“ des Einzeltons als Grundlage musikalisch beschworener Transzendenz. Die Beschäftigung mit aussereuropäischer Musik führte Scelsi weg von der „abendländischen“ Polyphonie hin zu einer einstimmigen Musik, angereichert mit Mikrointervallen und Mehrklängen.
Der amerikanische Komponist John Cage liess sich in seinen «Sonatas and Interludes» (1946-48), dem «String Quartet» (1950) und den «Six Melodies» (1950) von der indischen Ästhetik „Rasa“ inspirieren. Der Begriff „Rasa“ bezeichnet den nicht in Worte zu fassenden mentalen Zustand der Freude und Erfüllung, der sich beim Genuss eines gelungenen Kunstwerkes beim Betrachter einstellt.
Die nordindische Sarangi inspirierte den Schweizer Komponisten Martin Jaggi zu «Kôrd III». Traditionell werden die Tonhöhen auf diesem Instrument mit dem Nagelbett eines Fingers der linken Hand produziert; der Finger wird also zwischen Saite und Griffbrett gelegt und von unten gegen die Saite gedrückt. Der Klang der Resonanz-Saiten der Sarangi kommt bei Jaggi aus dem Klavier: Er lässt E-Bows auf die Saiten legen, welche einen ganz aussergewöhnlichen, eher technisch kühlen, oder in Jaggis Worten, einen «magischen Klang» erzeugen.
Die treibenden Rhythmen der schnellen Teile sind Sprachrhythmen, abgeleitet von wissenschaftlichen Lexikoneinträgen über die Sarangi.
Jürg Henneberger